Das betriebserlaubnisrelevante Kriterium der Zuverlässigkeit des Trägers Handlungsnotwendigkeiten aufgrund gesetzlicher Neuregelungen (KJSG)

In § 45a Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 SGB VIII-E wird das Kriterium der Zuverlässigkeit des Trägers eingeführt.  Somit wird zukünftig im Rahmen der Prüfung zur Erteilung einer Betriebserlaubnis die Eignung des Trägers auch im Sinne seiner Zuverlässigkeit ausdrücklich als Kriterium unter die Lupe genommen.

Die Bundesregierung begründet diese neue Anforderung wie folgt: 

Hierdurch werden Lücken geschlossen, die dadurch entstehen konnten, dass ein unzuverlässiger Träger ein an sich beanstandungsfreies Konzept für eine Einrichtung vorgelegt hat, das den Maßgaben des geltenden Absatzes 2 entspricht, mit der Folge, dass die Betriebserlaubnis zu erteilen war. Während die persönliche Eignung der Einrichtungsleitung und des Personals über die „personellen Voraussetzungen“ weiterhin nach Nummer 1 abgedeckt waren, fehlte bisher ein entsprechendes Eignungskriterium für den Träger selbst. Hierdurch konnten nicht in allen Fällen die Gefahren berücksichtigt werden, die von einem in der Vergangenheit unzuverlässigen Träger auch für diese Einrichtung und die von der Qualität der Einrichtungsführung betroffenen Kinder und Jugendlichen ausgehen. Zwar waren auch bei Mängeln, die nach einem zunächst beanstandungsfreien Konzept und einer erteilten Betriebserlaubnis auftraten, die schon bisher bestehenden aufsichtsrechtlichen Befugnisse nach den Absätzen 6 und 7 gegeben; erforderlich ist jedoch zusätzlich eine stärkere Vorabkontrolle, um solchen über die Trägerprüfung vorbeugen zu können.” 

In diesem Zusammenhang verweist die Bundesregierung darauf, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der Zuverlässigkeit sich als zentraler Begriff des Wirtschaftsverwaltungsrechts bewährt habe. Die Zuverlässigkeit werde bei erlaubnispflichtigen Gewerben regelmäßig vorausgesetzt (zum Beispiel nach dem Apothekengesetz, dem Kreditwesengesetz, der Gewerbeordnung, dem Gaststättengesetz oder dem Personenbeförderungsgesetz). 

“Nach allgemein anerkannter Definition ist zuverlässig, wer die Gewähr dafür bietet, dass er die genehmigte Tätigkeit ordnungsgemäß ausführen wird. Das Tatbestandsmerkmal erfordert eine Prognose, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Eine langjährige Rechtsprechung unter Bildung von Fallgruppen, an die grundsätzlich auch für die Betriebserlaubnisprüfung nach dem SGB VIII angeknüpft werden kann, hat dem Zuverlässigkeitserfordernis Kontur verliehen. (…) Die Einführung des Zuverlässigkeitskriteriums in § 45 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 SGB VIII-E entfaltet Rückwirkung auf bestandskräftige Betriebserlaubnisse. (…) § 45 Absatz. 7 Satz 2 SGB VIII-E ermöglicht eine Rücknahme der Erlaubnis, wenn die Erteilungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die in Bezug genommenen Vorschriften des § 45 SGB VIII-E sind auch auf bestehende Einrichtungen mit bestandskräftigen Betriebserlaubnissen anzuwenden. Vertrauensschutzaspekte sind bei der Ermessensentscheidung nach Absatz 7 Satz 2 zu berücksichtigen.

Nun stellt sich aber die Frage, wann ein Träger als zuverlässig bzw. unzuverlässig eingestuft werden kann. Hierzu hat sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter im Jahre 2020 eindeutig positioniert:

“Die Zuverlässigkeit des Trägers selbst ist als Prüfkriterium im Rahmen der Beurteilung über das Vorliegen kindeswohlgefährdender Aspekte anerkannt. Auch wenn diese Anforderung sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut von § 45 SGB VIII entnehmen lässt, so ist das Merkmal der Zuverlässigkeit bereits unter der aktuellen Rechtlage als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal anerkannt (so VG Saarlouis, Urteil v. 11.05.2012, 3 K 231/11, Nonninger in LPK-SGB VIII, § 45 Rn. 37). Zuverlässigkeit bezieht sich unter anderem auf die Gewährleistung des Betriebes der Einrichtung zum Kindeswohl, so beispielsweise auf den Einsatz von ausreichendem und geeignetem Personal, auf die Umsetzung einer Konzeption, die dem Auftrag der Kita gerecht wird, und auf bauliche Bedingungen.”

Folgende Kriterien können bezüglich einer Zuverlässigkeit angeführt werden:

  • Zuverlässigkeit bei der Gewährleistung des Kindeswohls
  • Ausreichende Qualität der Einrichtungsführung
  • Ausreichender Einsatz von geeignetem Personal
  • Vollumfängliche Umsetzung der Konzeption
  • Ausreichende bauliche Bedingungen
  • Kein nachweisbares Fehlverhalten von (leitenden) Mitarbeiter*innen
  • Einsicht und Bereitschaft, Gefährdungen für das Wohl der Kinder und Jugendlichen abzuwenden
  • Eignung und Zuverlässigkeit des für die Trägeraufgaben der Einrichtung Verantwortlichen
  • Zahlungsfähigkeit des Trägers

Träger von Einrichtungen sollten jetzt schnellstmöglich proaktiv prüfen, inwieweit sie bereits heute in der Lage sind nachzuweisen, dass sie die oben aufgeführten Zuverlässigkeitskriterien vollumfänglich erfüllen.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die Konzeption durch das neue Zuverlässigkeitskriterium eine größere Bedeutung erlangt. Insbesondere sollten die Aspekte einer ausreichende Qualität der Einrichtungsführung sowie eines ausreichender Einsatzes von geeignetem Personal in das Konzept der Einrichtung aufgenommen werden. Darüber hinaus sollte das Konzept um einen betriebswirtschaftlichen Teil erweitert werden, in dem betriebswirtschaftliche Instrumente und Umsetzungsschritte zum Beispiel bezogen auf den Erhalt der Zahlungsfähigkeit dargestellt werden. Instrumente des Qualitätsmanagements, wie z.B. Prozessdokumentationen könnten den Trägern mehr Sicherheit bezogen auf die Nachweisung Ihrer Zuverlässigkeit geben.

Die Kosten der Leistungserbringer für eine kontinuierliche Nachweisbarkeit Ihrer Zuverlässigkeit sind grundsätzlich entgeltrelevant und im Rahmen der nächsten Verhandlung von Leistung-, Entgelt- und Qualtitätsentwicklung durch den Öffentlichen Träger der Jugendhilfe zu akzeptieren und auch zu finanzieren.

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Quellen:

Deutscher Bundestag [DB] (2021): Gesetzentwurf der Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG). Drucksache 19/26107 v. 25.01.2021. Verfügbar über: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/261/1926107.pdf, [01.04.2021]

Deutscher Bundestag [DB] (2021): Unterrichtung durch die Bundesregierung. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG). Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung. Drucksache 19/27481 zu Drucksache 19/26107 vom 12.03.2021. Verfügbar über: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/274/1927481.pdf, [01.04.2021]

Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter (BAGLJAE) (2020): Orientierungshilfe „Kita-Träger als Qualitätsfaktor“: Qualitätskriterien für die Tätigkeit von Kita-Trägern aus Sicht der Betriebserlaubnisbehörden, beschlossen auf der 129. Arbeitstagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter vom 11. bis 13. November 2020. Verfügbar über: https://t1p.de/vpsl, [01.04.2020]

Bildquellen

  • unhappy-389944_640: Pixabay